Geschichten

Ferkel lernt tippen

„Nimm den Rüssel vom Netbook, das ist nichts für Dich“, hatte Judith gesagt. „Du kannst doch gar nicht tippen!“ Menno. Abgesehen davon, dass das gaaar nicht wahr war, fand Ferkel das voll ungerecht. ALLE hatten so einen schicken Komputah, nur Ferkel nicht. Das konnte doch nicht fair sein! „Du hast keine Finger, geschweige denn Daumen!“ hatte Susanne gesagt. SIE nannte das „begründen“. Ferkel nannte das „dumme Ausrede“. Natürlich hatte Ferkel Finger – an jeder Pfote zwei. Okay, sie waren etwas dicker – aber es waren Finger! Daumen wurden ja sowieso überschätzt…

Und NATÜRlich konnte Ferkel tippen. Judith beschwerte sich doch immer wenn Ferkel die ganze Zeit vor sich hintippte – mit der Pfote auf den Parkettboden. Das klackerte so schön… „Denen werde ich es zeigen!“ Als die beiden gerade mit Fernsehen und Kuscheln beschäftigt waren – zu ihrer Verwunderung versuchte Ferkel diesmal nicht, auch aufs Sofa zu kommen und sich zwischen sie zu drängen – kletterte Ferkel auf den Schreibtischstuhl, ruckelte ihn mühsam durch ein weeeeeenig Ruckelschwung in die richtige Position und stellte sich dann auf die Hinterbeine an den Schreibtisch.

Vor ihm lag das Netbook… So schön und glänzend und türkis und neu. Ferkel kam sich sehr wichtig vor so am Schreibtisch, wie ein Mensch. Es hob die Vorderpfoten – und verlor fast das Gleichgewicht! Verdammter Drehstuhl. Das konnte so nicht gehen. Hm. Ferkel konnte das Netbook natürlich ins Maul nehmen und runterhopsen und auf dem Boden arbeiten, aber dann sah es nicht, wohin es sprang. Doof. Oder es kletterte auf den Schreibtisch, machte es sich auf Judiths Zetteln bequem und arbeitete dort. Genau. Das war eine gute Idee.

Gesagt, getan – naja, fast. Der Drehstuhl machte weiterhin das, was er am besten konnte – nämlich sich drehen – und Ferkel machte das, was ihm als erstes in den Sinn kam – nämlich sich an allem festhalten, was es erreichen konnte. Leider hielten die Zettel das kleine Schwein nicht und flatterten nur schön durch die Gegend – Ferkel nahm sich kurz Zeit, das Schauspiel fasziniert zu betrachten -, aber nach einer gewissen Zeit hatte Ferkel es doch geschafft. Es saß auf dem Schreibtisch!

Dass Netbook war zum Glück noch nicht wieder gesperrt, denn ein Passwort wusste Ferkel nicht so genau… Aber wie gesagt, brauchte man nicht. Ferkel ziiiielte mit der rechten Vorderpfote – und traf direkt das Trackpad. Jaaaa! Der Bildschirm sprang wieder in den aktiven Modus. Ferkel sah viele bunte Bilder – so ähnlich sah das immer aus, was Susanne Feisbuck nannte. Interessant… Probeweise tippte Ferkel auf die Tastatur – und hüpfte vor Schreck fast vom Tisch. Da tat sich tatsächlich was!

Fasziniert schaute Ferkel auf den Bildschim. Tipp… Tipp… Immer, wenn es die Tastatur anstupste, erschienen neue Zeichen da auf der Fläche. Ohhhhhh! Ferkel konnte schreiben! Begeistert hämmerte es auf den kleinen schwarzen Tasten rum – und plötzlich war das eine Feld weg, dafür ein anderes da, und der Inhalt war genauso. Boah. Das musste Ferkel direkt nochmal probieren. Es hopste fröhlich auf der Tastatur rum – mit vier Pfoten ging das schließlich schneller – und immer wieder sprangen die einen Felder in die anderen. Wie toll! Das musste Ferkel unbedingt Judith und Susanne zeigen, die würden begeistert sein. Von wegen, Ferkel kann nicht tippen. Hah.

Oh, da stand Susanne auch schon! Aber bevor Ferkel auch nur einen Grunzer von sich geben konnte, hatte Susanne es schon vom Tisch gehoben, ja fast geworfen! Also wirklich… „Ich habe mich schon gewundert, warum bei Judith so merkwürdige Beiträge erscheinen… Gut, dass ich meinen Rechner im Wohnzimmer hatte!“ Susanne funkelte Ferkel böse an. „Hoffentlich ist nichts kaputt gegangen… Trotzdem.“ Trotzdem? Wie, trotzdem? Irritiert trabte Ferkel hinter Susanne her, als sie weder ins Wohnzimmer ging. Den Beitrag, den Susanne schrieb, konnte Ferkel nicht lesen, aber hören, weil Susanne ihn laut vorlas beim Schreiben: „Ferkel kriegt diese Woche keine Äpfelchen – es hatte schon Windows.“

 

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