Geschichten

First Ferkel

„Susanne will Bundespräsent werden“, dachte Ferkel begeistert. Eben hatte es ein Gespräch der beiden Mädels am Küchentisch ganz zuuuuufällig mitgekriegt. Neben viel Rumgegacker und -gekicher (die beiden waren mal wieder seeehr albern) sagten die beiden was von Präsent und Susanne und First Lady Judith. UND First Ferkel. Das klang gut.
Dass Susanne immer schon mal als Präsent aus einer Torte springen wollte, wusste Ferkel. Das hatte es schön öfter mitbekommen. Es machte sich dann immer Sorgen um die schöne Torte, aber es gönnte Susanne den Spaß. Schließlich kann man Torte auch völlig formlos aufschlecken. Aber jetzt klang es so, als habe Susanne dabei auch für Ferkel und Judith Verwendung.

Ein bisschen wunderte sich Ferkel, dass die beiden von „sozialer Verantwortung“ und sowas redeten und von „bekannt werden“. Das kommt doch beides von selbst, wenn man aus einer Torte springt und „Kuchen für alle!“ schreit, oder? Also Ferkel jedenfalls würde sich das merken. Ganz sicher. Und der sozialen Verantwortung wird man auch automatisch gerecht, wenn die Torte sich richtig verteilt. Wahrscheinlich war da eine ganze Menge Übung notwendig, aber da konnte man ja drankommen. Die Küche war groß und Judith konnte gut backen. Das Publikum würde Ferkel gerne spielen – sich hin und wieder mal selbstlos für einen guten Zweck engagieren, war schließlich wichtig.

Ohhhh, Ferkel konnte sich das gut vorstellen. Susanne in einem hübschen knappen Kleidchen, damit es nicht zu sehr in der ganzen Sahne hängt. Mit einer schönen Frisur und ihrem tollen Lachen, wenn sie die Arme hochwirft und aus der Torte hüpft. Ob sie wohl eine Schleife trägt dabei? So als Präsent wäre das sicherlich eine sehr gute Idee. Und in „Bundespräsent“ war doch schließlich auch „Bund“ wie „binden“ enthalten. Das KONNTE sich doch bloß auf eine Schleife beziehen… Ansonsten war das schon der Teil, der Ferkel am rätselhaftesten vorkam. Bundespräsent… Egal. Hauptsache, es gab Torte.

Ferkel musste unbedingt mit Susanne und Judith reden. Der Deckel war sehr wichtig bei der ganzen Sache. Judith musste ihn zwar locker auflegen, damit Susanne sich nicht daran stieß beim Rausspringen. An einer Stelle musste er aber etwas fester sitzen, damit er immer in eine bestimmte Richtung flog, wenn Susanne sich genau an die Sprunganweisung hielt, die Ferkel noch entwickeln musste. Nachher musste es unbedingt einen Stift und Papier oder so suchen, um das mal grob zu skizzieren, nahm sich Ferkel vor. Und Ferkel schließlich musste sich klug positionieren, damit es möglichst viel abbekam. Mit dem Deckel rechnete es sich die größten Chancen auf fliegende Kuchenstücke aus. Und als Tortensprungspektakelexperte – das jedenfalls gedachte Ferkel zu werden – musste man das schließlich ausrechnen können. Schon, um sich nicht zu blamieren, weil man sich verrechnet hatte. Das alles verlange ganz schon viel Übung… Ferkel war zuversichtlich, dass sie das hinkriegen würden. Sie waren eben ein eingespieltes Team, sie drei.

Wie, Wahl? Die Mädels sprachen davon, wie Susanne ihre Chancen, gewählt zu werden, vergrößern könnte. DAS konnte Ferkel echt nicht kapieren. Gab es wirklich noch andere, die als Bundespräsent in Frage kamen? Konnte doch eigentlich nicht sein. Ferkel trippelte näher heran und betrachtete Susanne nochmal ganz genau. Aber es kam zum gleichen Schluss wie vorher: Susanne war perfekt. Für den Job. Und sonst auch – also für einen Menschen. Kann halt nicht jeder ein Schwein sein. „Du musst ein Schwein sein in dieser Welt – ein Schwein sein“, summte Ferkel vor sich hin. So ganz verstand es den Rest des Textes nicht, aber diese Zeile gefiel ihm. Aber es schweifte ab.

Bunte Versammlung? Die das Bundespräsent wählt? Ah, das musste die Festgesellschaft sein. Aber schon komisch, dass die das Präsent erst auf der Versammlung wählen. Naja, vielleicht gibt es ja mehrere Torten… WAS? Soooo viele Leute sind da – tausnzweihunnert? Ferkel kriegte es etwas mit der Angst zu tun. „Na, hoffentlich gibt es noch was anderes außer Torte. Das wird sonst knapp – selbst bei drei oder vier Sprungkuchen“, dachte es. Um so wichtiger war es, die Flugbahn des Deckels genau zu kennen und sich strategisch günstig zu platzieren.

Ferkel erinnerte sich, dsss Judith öfter mal von einer Springform gesprochen hatte im Zusammenhang mit Kuchen. Die Gerätschaften hatten sie also schon, und Zucker und Mehl und Eier und so – und natürlich Sahne – waren quasi immer im Haus, wie Ferkel wusste. Leider stand alles so weit oben, dass es nicht drankam. Meistens jedenfalls… Aber die Springform war ganz schön klein, wenn Ferkel sich richtig erinnerte – und bei Essbarem vertat sich Ferkel selten. Es verglich Susannes Größe mit der der Springform. „Irgendwas passt da nicht“, dachte es. Selbst als Deckel war das irgendwie nicht geeignet. Aber vielleicht war das ja auch nur ein Modell zum Testen…

Was? In ein Schloss umziehen? Nur für das Springen aus einem Kuchen? Aha… Und was war eigentlich genau Judiths Rolle bei der Sache? Warum „First Lady“, wenn man Kuchen backen muss? „First Ferkel“ war ja klar – das erste am Kuchenteig… Aber – ähhhh. Reisen? Viele? Ausland? Klingt spannend. Oh, jetzt redeten die beiden über Ferkel. IMPFEN? Petbox ist ja ganz okay, so ein paar Minuten war das ja ganz nett da drin. Also solange, bis die Belohnungsäpfelchen aufgefuttert sind. Aber was bitte ist Quarantäne? Wochen? Allein??? Das klang plötzlich doch nicht so gut. Entsetzt quiekte Ferkel auf. So richtig kapierte es nicht, was das alles mit Susanne im Kuchen zu tun haben sollte – aber da verzichtete es doch lieber. First Ferkel war es auch hier – es hatte ja schließlich immer noch keinen Spielkameraden, mit dem es hätte Futter und Spielzeug teilen müssen – und Kuchen konnte Judith ja auch hier backen. Nur wer First Lady war und wer die zweite, wusste Ferkel nicht. Aber darüber mussten die beiden sich allein einig werden. Ferkel jedenfalls fand beide toll. Auch ohne Schleife.

 

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